EN 1090


Der AM Suisse hat zur Unterstützung seiner Mitglieder ein elektronisches Forum SN EN 1090 eingerichtet.


Das Forum soll wichtige Fragen beantworten, die von allgemeinem Interesse sind und Unternehmen fachkundig unterstützten. Wir werden die von Ihnen gestellten Fragen beantworten - soweit uns das möglich ist. Beachten Sie bitte das Datum der Antwort, da das Umfeld äusserst dynamisch ist und sich die Umstände darin laufend verändern.

Unsere Antworten

Im Interview erläutert Corsin Roffler, Präsident Technische Kommission Metaltec Suisse, den aktuellen Stand betreffend EN 1090 bei Geländern und Treppen ohne tragende Funktion.

Geländer und Treppen
Mit der Beantwortung der häufig gestellten Fragen (FAQ) hat die EU-Kommission Treppen und Geländer ohne tragende Funktion aus der EN 1090-1 entfernt. Dies erfolgte gegen die mehrheitlich vorherrschende Meinung der CEN Normenkommission TC 135. Somit müssen für Geländer und Treppen, die keinen Beitrag zur Stabilität des Gesamtbauwerks leisten, zukünftig keine Leistungserklärung mehr erstellt werden.

Erübrigt sich somit die Zertifizierung für Betriebe, die ausschliesslich derartige Bauprodukte herstellen?

Metaltec Suisse empfiehlt seinen Mitgliedern, auch nach der erfolgten Präzisierung der EU-Kommission an der Zertifizierung festzuhalten.

Nach alter Rechtsordnung (BauPG 1999, Art. 3, Abs. 1) standen nebst den geltenden Normen die «Brauchbarkeit» im Zentrum der Sicherheitsbeurteilung. Mit der Gesetzesrevision von 2014 muss das Bauprodukt nun sicher sein. Ein allfälliger Nachweis erfolgt, bei Bestehen einer harmonisierten Norm, durch den Nachweis ihrer Anwendung. Dieser sogenannte Konformitätsnachweis erfolgt in Form einer LE, die aber in unserem Fall nur dann ausgestellt werden darf, wenn die Firma vorgängig ein internes Qualitäts- und Beweissicherungsverfahren (die WPK) eingeführt hat und sich in der entsprechenden Norm durch eine bezeichnete Stelle zertifizieren liess.
Das Schweizerische Bauproduktegesetz sieht eine Ausnahmesituation vor, wo auf die Ausstellung einer LE verzichtet werden kann. So wird im BauPG Art. 5, Abs. 2, lit. a) festgehalten, dass auf eine LE verzichtet werden kann, wenn keine gesetzlichen Anforderungen an das Bauprodukt für die Verwendung anwendbar sind und «(es) auf einen besonderen Auftrag hin, individuell gefertigt wurde oder als Sonderanfertigung im Rahmen einer Nicht-Serienfertigung gefertigt wurde, und es in einem bestimmten einzelnen Bauwerk von einer Herstellerin eingebaut wird, die für den sicheren Einbau des Bauprodukts in das Bauwerk verantwortlich ist».

Was bedeutet dies in der Praxis?

Der Betrieb wird mit dieser Formulierung zwar vom Ausstellen einer LE entlastet, er wird aber nicht davon entbunden, die Sicherheit seines Bauproduktes zu gewährleisten.  Oder anders gesagt: Auch, wenn in vielen Fällen kein Zwang zum Ausstellen einer LE besteht, muss der Hersteller die Einhaltung des «Standes der Technik» nachweisen können. Im Fall von Bauprodukten aus Stahl bedingt dies die Umsetzung der SN EN 1090-2 und bei Bauprodukten aus Aluminium die Umsetzung der SN EN 1090-3. In beiden Fällen wird wiederum das Bestehen eines Qualitätssicherungssystems für den Schweissprozess gemäss den Vorgaben der EN ISO 3834 vorausgesetzt und damit unter anderem das Bestehen einer Schweissaufsicht, Schweissanweisungen, geprüfte Schweisser und so weiter.
Das Zusammenwirken der verschiedenen Normen und Gesetze ist komplex und einem stetigen Wandel ausgesetzt. Um in diesem Umfeld den Überblick zu behalten, und die Gefahren und Chancen einer zunehmenden Normierung der Märkte besser einschätzen zu können, empfiehlt der Verband, die Zertifizierung in der EN 1090 durchzuführen und im Rahmen regelmässiger Re-Zertifizierungen aufrechtzuerhalten.

Sind Geländer und Treppen nun nicht mehr nach EN 1090 herzustellen?

Das ist grundsätzlich so. Es ist jedoch trotzdem der Stand der Technik massgebend damit die Sicherheit des Produktes gewährleistet ist. Das heisst es braucht ein Qualitätssicherungssystem für das Schweissverfahren. Damit sind weiterhin auch Schweissanweisungen und geprüfte Schweisser vorgeschrieben. Metaltec Suisse empfiehlt daher den Unternehmern weiterhin eine Zertifizierung nach EN 1090.

Ist die EN 1090 mit dem Entscheid der EU-Kommission ausser Kraft?

Natürlich nicht, die EN 1090 gilt weiterhin für alle tragenden Bauteile aus Stahl und Aluminium. Lediglich Geländer und Treppen sind nun nicht mehr der EN 1090 zugeordnet.

Muss ich meine Metallbaufirma mit 10 Angestellten nach EN 1090 zertifizieren lassen?
Allgemein besteht keine Zertifizierungspflicht. Stellen Sie jedoch tragende Bauteile wie Stützen, Balkone, Dächer, kleinere Stahlbauten usw. her, kann es sein, dass Sie eine gesetzliche vorgegebene Leistungserklärung nach EN 1090 abgeben müssen. In diesem Fall ist eine Zertifizierung zwingend.

Muss ich für Geländer und Treppen eine Statik erstellen?
Ja, es muss die Sicherheit des Produktes nachgewiesen werden. Dazu sind die Normen einzuhalten. Die Lastannahmen sind in SIA 261 Einwirkungen auf Tragwerke festgelegt. Das Bemessungsverfahren ist in SIA 260 und SIA 263 festgelegt. Metaltec Suisse hat eine Richtlinie «TR001 Bemessung von Geländern» publiziert, in welcher die Bemessung von Geländern präzisiert wird.

Wir stellen schon Jahrzehnte Geländer desselben Typs her und hatten nie Probleme damit. Wenn wir unsere Geländer berechnen lassen, erhalten wir grössere Pfostenabmessungen. Wieso sollten wir dies nun ändern?
Eine statische Berechnung ist so ausgelegt, dass alle Grenzwerte auch berücksichtigt werden und die Sicherheit in jedem Fall gewährleistet ist. Nun haben die verschiedenen Parameter Einfluss auf die tatsächlichen Eigenschaften der Konstruktion. Ein Stahl S235 muss gemäss Norm eine Mindestfestigkeit von fy=235 N/mm2 aufweisen. Meist haben die Stähle jedoch tatsächliche Festigkeiten welche bis zu 30% höher sind. Dies kann sein, muss jedoch nicht. Es kann also trotzdem vorkommen, dass der Stahl nur die nominelle Festigkeit hat. In der Planung weiss man schlichtweg nicht, wie hoch die Festigkeit des gelieferten Stahls effektiv sein wird. Es ist nur die zugesicherte Festigkeit nach Norm bekannt. Es ist auch nicht wirtschaftlich, für jedes Geländer einen Bauteilversuch durch ein Prüfinstitut auf der Baustelle durchführen zu lassen und damit zu beweisen, dass ein Stahl mit besseren als den normativen Eigenschaften geliefert wurde. Eine Statik garantiert die Sicherheit ohne Bauteilversuche.

Wie geht es weiter mit den Geländern und Treppen?
Metaltec Suisse wird zusammen mit dem Stahlbau Zentrum Schweiz (SZS) eine Richtlinie für die Herstellung von Geländern erarbeiten. Diese soll den Stand der Technik wiederspiegeln und für alle verbindliche Basis darstellen. Die Richtlinie soll etwa im Frühjahr 2017 erscheinen. Zu den Treppen sind vorerst keine weiteren Massnahmen geplant.

Man hört, dass es Bestrebungen gibt eine EN-Norm zu Geländern zu erarbeiten?
Das ist richtig, das Mandat dazu wird in der EU-Kommission gerade erarbeitet. Bis diese Norm jedoch in Kraft ist, wird es wohl noch einige Jahre dauern. Es kann auch sein, dass ein Entwurf der Norm von den Ländern abgelehnt wird. Die Meinungen zum Bauteil Geländer sind ja in den Ländern und sogar in den einzelnen Regionen sehr verschieden.

Wird Metaltec Suisse sich an einer Erarbeitung einer europäischen Geländernorm aktiv einbringen?
Die Technische Kommission des Metaltec Suisse verfolgt die Entwicklung und wird zu gegebenem Zeitpunkt entscheiden. Zudem verfolgen wir die Entwicklung zusammen mit den Kollegen der Europäischen Metall-Union (EMU).

Fallen Geländer ohne tragende Funktion nicht mehr unter die EN 1090?

Auf den Internetseiten der Europäischen Kommission mit den Antworten zu häufig gestellten Fragen zur Bauproduktenverordnung ist diese Woche (KW 28/2016) die Antwort auf die Frage 31 zur CE-Kennzeichnungspflicht nach EN 1090-1 um zwei Anmerkungen ergänzt worden. Danach müssen Geländer ohne tragende Funktion im Sinne der Bauproduktenverordnung, d.h. ohne tragende Funktion im Gebäudetragwerk – was für nahezu sämtliche Geländer zutreffen wird – nicht nach EN 1090-1 CE-gekennzeichnet werden. Gleiches gilt für Treppen.Weil Geländer und Treppen damit nun nicht mehr über eine europäisch harmonisierte Norm abgedeckt sind, wird es zukünftig wieder nationale Regelungen geben. Wie die für die Schweiz aussehen wird, steht heute noch nicht fest. Als Nicht-EU Land können von der EU abweichende Lösungen zur Anwendung kommen. AM Suisse hat deshalb bereits frühzeitig sämtliche von der Thematik betroffenen Verbände kontaktiert und ein Gespräch mit der verantwortlichen Marktüberwachungsstelle, dem Bundesamt für Bauten und Logistik, im kommenden September vereinbart. Die Resultate der Gespräche werden im Spätherbst durch die verschiedenen Kommunikationskanäle der Verbände kommuniziert. In der Zwischenzeit lautet die Empfehlung, die Anforderungen aus den relevanten nationalen technischen Baubestimmungen bezüglich Planung, Bemessung (Statik) und Ausführung einzuhalten.

Was ist der Unterschied zwischen den Bezeichnungen S235, E235 und P235?

Die neuen Werkstoffbezeichnungen bei Rohren sagen viel über die Verwendung aus

S = Baustahl (Steeling)

E = Für Maschinenbau geeignet (Engineering)

P = Für Druckbehälter geeignet (Pressure)

Für allgemeine Stahlbauanwendungen ist S in Ordnung.

Weshalb muss ich meinen Betrieb zertifizieren lassen? Ich verfüge ja über eine umfassende Ausbildung als Metallbauer und habe mich nach der Lehrabschlussprüfung auch noch weitergebildet?

Am 30. Juni 2015 endet die Übergangsfrist für die Inkraftsetzung des Bundesgesetzes über Bauprodukte (BauPG). Somit dürfen ab dem 1. Juli 2015 in der Regel nur noch Bauprodukte in Verkehr gesetzt werden, die über eine "Leistungserklärung" verfügen. Mit der Leistungserklärung erklärt der Hersteller, dass sein Produkt sicher ist. In der Praxis bedeutet dies, dass der Hersteller mittels einer Werkseigenen Produktionskontrolle nachweist, dass sein Produkt von der Planung bis und mit der Montage die Anforderungen der darunterliegenden Norm (EN 1090) erfüllt.

Was kostet die Umsetzung der Norm?

AM Suisse ist sich bewusst, dass die Umsetzung der Norm mit Kosten verbunden ist, die häufig nicht unmittelbar auf den Kunden überwälzt werden können.

Die Kosten sind abhängig von der Grösse des Betriebes, der Anzahl absoliverten Schweisserprüfungen und dem Aufwand, welcher für die Anpas-sung einzelner Geschäftsprozesse betrieben wird. 

Der AM Suisse strebt daher einen hohen Standardisierungsgrad der zu erarbeitenden Unterlagen an, damit der Aufwand für den einzelnen Betrieb minimiert wir

Ich besuche den AM-Suisse-Kurs. Bin ich dann nach den 4 Tagen bereits zertifiziert?

Nein, die Zertifizierung des Betriebes, wie auch das Ablegen der Schweis-saufsichtsprüfung und der Schweisserprüfung erfolgt nicht im Kurs sondern ca. 6 bis 8 Wochen nach der Anmeldung zur Zertifizierung in Ihrem Betrieb (Schweisserprüfungen können auch vorgängig bei den entsprechenden Anbietern abgelegt werden). 

Anlässlich der Erstinspektion wird eine akkreditierte Zertifizierungsstelle Ihren Betrieb besuchen, die Werkseigene Produktionskontrolle und das Vorhandensein der notwendigen Qualifikationen in der Schweissaufsicht und bei den Schweissern kontrollieren, und sodann die entsprechenden Zertifikate ausstellen.

Weshalb muss ich mich mit verschiedenen Anbietern auseinandersetzen und erhalte ich nicht alles aus einer Hand?

Die geltenden Regeln über die Zertifizierung legen fest, dass Schulung und Zertifizierung getrennt werden müssen. 

Wie komme ich raschmöglichst zu einem EN 1090 Zertifikat?

  • Zur Zertifizierung müssen die wesentlichen Anforderungen der Norm erfüllt sein diese sind (ab EXC2)
  • Bestehen einer Werkseigenen Produktionskontrolle (WPK)
  • Vorhandensein von geprüften Schweissern und 
  • Qualifizierten Schweissanweisungen
  • Einführung einer Schweissaufsichtsperson, die für den jeweiligen Geltungsbereich über eine genügende Qualifikation verfügt.

Wo finde ich alle diese Elemente?

AM Suisse hat ein Modell erarbeitet, in welchem die Kursteilnehmer innerhalb eines 2-tägigen Kurses auf die verschiedenen Anforderungen der EN 1090 vorbereitet werden.

Am Ende des Kurses verfügt jeder Betrieb über: 

  • Eine solide Einführung in die Norm
  • Die Dokumentation seiner Werkseigenen Produktionskontrolle (WPK)
  • Die Basis, um sich auf die Schweissaufsichtsprüfung vorzubereiten
  • Die notwendigen Kenntnisse, um die notwendigen Schweisserprüfungen zu bestimmen, beziehungsweise seine Schweisser auf die Prüfung vorzubereiten.

Was bedeutet die Einführung des neuen Bauproduktegesetzes?

Am 1. Oktober 2014 trat das neue Bauproduktegesetz in Kraft, das die Inverkehrbringung von Bauprodukten und ihre Bereitstellung auf dem Markt regelt. Neu steht nicht mehr die Brauchbarkeit eines Bauproduktes im Fokus des Gesetzgebers, sondern die Gewährleistung von Sicherheit. Als Massstab für die Beurteilung der Sicherheit dient die zugrunde liegende harmonisierte Norm. Im Fall von tragenden Stahl- und Aluminiumkonstruktionen ist dies die EN 1090. 

Das BauPG, Art. 8, Abs. 1, verlangt, dass der Hersteller innerhalb einer Leistungserklärung «die Verantwortung für die Übereinstimmung des Bauprodukts mit der erklärten Leistung übernimmt». In der Praxis bedeutet dies nichts anderes, als dass der Hersteller gemäss einem vorgegebenen Konformitätsnachweisverfahren (EN 1090-1) die Einhaltung vorgegebener technischer Regeln (EN 1090-2; 1090-3) nachweist.

Und hier liegt der kritische Punkt: Eine Leistungserklärung ausstellen dürfen nur Betriebe, die sich vorgängig in der EN 1090 zertifizieren liessen. Diese Betriebe verfügen über eine Werkseigene Produktionskontrolle (WPK), die es dem Hersteller erlaubt, zu jedem Zeitpunkt des Planungs-, Herstellungs- und Montageprozesses die Einhaltung der Norm nachzuweisen. Neben schriftlichen Verfahrensanweisungen und der Erfüllung von Qualitätsanforderungen im schweisstechnischen Bereich werden interne regelmässige Kontrollen und Prüfungen in der Planung, der Herstellung und der Montage verlangt. 

Was bedeuten die Neuerungen im revidierten Bauproduktegesetz für die Bemessung?

Auch wenn die Schwesternorm der Eurocodes, die SIA 263, die Anforderungen an die Bemessung bereits weitgehend umgesetzt hat, werden die Ansprüche an die Bemessungsvorgaben sowohl für den Hersteller als auch für den Planer zukünftig steigen. Zum jetzigen Zeitpunkt, 15.Februar 2015, ist unklar inwieweit Bauteile in der Schweiz auch in Zukunft, ab 1.Juli 2015, nach SIA 263 bemessen werden dürfen oder nicht. Dies klärt sich im Verlaufe der nächsten Monate. 

 

Ansprüche an den Hersteller:

Beispielsweise muss der Hersteller von tragenden Stahlbauteilen innerhalb seiner Produktion sicherstellen, dass die Bauteile nach Eurocode 3 (EN 1993) bemessen wurden. Es stehen ihm dabei grundsätzlich drei Wege offen:

 

  1. Die externe Vergabe der Bemessung an einen Ingenieur, der nachweislich den Eurocode 3 als Bemessungsgrundlage anwendet.
  2. Die interne Vordimensionierung der Bauteile durch den Hersteller, der sich die Richtigkeit seiner Berechnungen durch einen Ingenieur mit Erfahrung in der Anwendung der EN 1993 bestätigen lässt.
  3. Die einfachste Variante, die aber noch nicht weit verbreitet ist: Die Anwendung von Standardbemessungen, die durch Verbände oder Her-steller von Systembauteilen berechnet wurden. Was bedeutet das revidierte BauPG für den Ingenieur?

 

Antwort:

In erster Linie muss er seine bestehenden Berechnungstabellen und allfällig vorhandene Software hinsichtlich der Übereinstimmung mit den zutreffenden Eurocodes überprüfen und allenfalls anpassen.

Der Ingenieur muss dem Hersteller zusätzliche Informationen liefern wie beispiels-weise:

  • Die Bezeichnung der Ausführungsklasse, die für ein Tragwerk, Teile davon oder für spezielle Details gelten sollen. Dies ist die wichtigste Information: Sie legt den in der Folge zu gewährleistenden Planungs-, Herstellungs-, Prüf- und Dokumentations-aufwand innerhalb eines Projektes fest.
  • Die Festlegung der Stahlgütegruppe (JR, JO, J2 etc.).
  • Allenfalls weitere besondere Eigenschaften, die für das Konstruktionsmaterial nach EN 1090-2 festgelegt wurden.
  • Den Ausnutzungsgrad (U) von Schweissnähten bei zugbeanspruchten querverlau-fenden Stumpfnähten. Denn bereits bei U<0.5 werden in der Ausführungsklasse 3 bei 10 Prozent der Nähte zerstörungsfreie Prüfungen der Schweissnähte verlangt. Und bei U≥0.5 werden auch in der Ausführungsklasse 2 zerstörungsfreie Prüfungen gefordert.
  • Angaben zu den Schweissnähten (beispielsweise A-Masse, Anzahl zu schweissender Raupen, einseitige oder beidseitige Schweissnähte, Schweissbadsicherungen, Schweissfolgen etc.)
  • Angaben zu Schraubverbindungen (beispielsweise Lochspiel, Schrauben auf Zug, Festigkeitsklasse 4.6 / 8.8 / 10.9).

 

Was sind die Ansprüche an die Qualifizierung von Schweissverfahren?

Obschon die EN 1090 keine Schweissnorm ist, stellt sie konkrete Anforderungen an die Qualität und den Inhalt von Schweissprozessen. 

Bereits in der Ausführungsklasse 1 wird der Einsatz von geprüften Schweissern verlangt und ab Ausführungsklasse 2 werden zusätzlich Anforderungen an die Schweissaufsicht und die Qualifizierung von Schweissverfahren gestellt. Zusätzlich sind in allen Ausführungsklassen die Anforderungen der EN 3834 («Qualitätsanforderungen für das Schmelzschweissen von metallischen Werkstoffen») in massgebenden Teilen zu erfüllen.

Die EN 1090-2 sieht fünf Möglichkeiten zur Qualifizierung von Schweissverfahren vor:

 

  • Schweissverfahrensprüfung (15614-1)
  • Vorgezogene Arbeitsprüfung (15613)
  • Standardschweissverfahren (15612)
  • Vorliegende schweisstechnische Erfahrung (15611)
  • Einsatz von geprüften Schweisszusätzen (15610)

Doch aufgepasst! Nur die beiden erstgenannten Verfahren gelten ohne Einschränkungen, und die Qualifizierung der Schweissverfahren auf der Basis von schweisstechnischer Erfahrung scheitert meist an der fehlenden Dokumentation. 

Verbleiben also noch zwei Verfahren, die in der Praxis hauptsächlich zur Anwendung kommen. Der Einsatz von geprüften Schweisszusätzen und die Anwendung von Standardschweissverfahren. Diese beiden Verfahren sollen kurz erläutert werden:

Einsatz von geprüften Schweisszusätzen

In der Ausführungsklasse 2 darf bis und mit S275 eine Schweissanweisung qualifiziert werden, indem geprüfte Schweisszusätze eingesetzt werden. Man erkennt sie an der CE-Kennzeichnung auf der Verpackung und dem Lieferschein. 

Der Einsatz von geprüften Schweisszusätzen stellt sicherlich die einfachste Art der Qualifizierung dar, bindet den Metallbauer aber an einen bestimmten Produzenten. Zusätzlich muss berücksichtigt werden, dass dieses Qualifizierungsverfahren nur innerhalb folgender Einschränkungen eingesetzt werden darf:

Schweissprozesse: 111, 114, 131, 135, 136, 137, 141, 15, 311

Grundwerkstoffe: Stahl ≤ S275 (Stahl 1.1 und 8.1; Aluminium 21; 22.1; 22.2)

Grundwerkstoffdicke: 3 – 40mm

Kehlnahtdicke: ≤ 3mm

Rohrdurchmesser: ≤ 25 mm

Einsatz von Standardschweissverfahren

Standardschweissverfahren dürfen bis und mit S355 eingesetzt werden. Es gibt zwei Arten, um Standardschweissverfahren einzusetzen.

Von einem Standardschweissverfahren wird dann gesprochen, wenn ein Schweissapparate-Hersteller mit seinen eigenen Apparaten provisorische Schweissanweisungen (pWPS) schrieb, und diese durch ein externes Prüflabor qualifizieren liess (WPQR). Die provisorische Schweissanweisung (pWPS) wurde dadurch zur qualifizierten Schweissanweisung (WPS), die dem Käufer des Schweissapparates zur Verfügung gestellt wird. 

Heisst dies, dass alle Metallbauer, die S355 schweissen, neue Schweissapparate kaufen müssen?

Nein, die Anschaffung neuer Schweissapparate ist nicht zwingend, bedingt aber einen ge-wissen Aufwand. Wenn ein Metallbauer seinen Schweissapparat weiterhin für S355 Bauteile einsetzen will, muss er eine Schweissverfahrensprüfung gemäss EN 15614-1 durchführen. Das bedeutet, dass er eine pWPS erstellt - bei Apparaten mit Stufenangaben allenfalls unter Verwendung eines Zangenampèremessers. Dann Prüfstücke schweisst, und diese schliesslich durch ein externes Prüflabor mit Röntgen- und Ultraschallverfahren qualifizieren lässt. Ein positiver Prüfbericht (WPQR) erlaubt es dem Metallbauer, seine pWPS zur WPS zu erklären.

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass Stähle bis S275 am einfachsten mit ge-prüften Schweisszusätzen geschweisst werden und die zusätzlich geforderten 2.2 Prüfbescheinigungen mit der Projektdokumentation archiviert werden.

Um bei S355 die Vorgaben der EN 1090-2 zu erfüllen, muss mindestens ein Standardschweissverfahren eingesetzt werden. Dieses wird am einfachsten mittels eines modernen Schweissapparates mit hinterlegten WPS’en sichergestellt. Wer aber über kein solches Gerät verfügt, und kurzfristig auch keine Anschaffung vorsieht, kann auch selber eine Schweissverfahrensprüfung nach EN 15614-1 durchführen und seinen bestehenden Schweissapparat weiterhin verwenden.

Welches sind nach EN 1090 die Anforderungen an die Schweisser respektive die Schweissaufsicht?

Sämtliche Produkte, die nach dieser Norm hergestellt werden, dürfen in nur von geprüften Schweissern ausgeführt werden. Dies gilt für sämtliche Ausführungsklassen: EXC 1 - EXC4.

Eine qualifizierte Schweissaufsicht ist in den Ausführungsklassen EXC2 bis EXC4 vorgeschrieben. Für die Ausführungsklasse EXC1 muss eine Schweissaufsicht benannt sein eine Qualifikation ist jedoch nicht vorgeschrieben. Die Schweissaufsicht kann auch durch externe Lieferanten wahrgenommen werden, welche über die entsprechenden Qualifikationen verfügen

Gibt es Beispiele betreffend Zuordnung von Tragkonstruktionen zu den Ausführungsklassen?

AM Suisse hat ein Merkblatt erarbeitet, das die gängigsten Produkte des Metallbaus den verschiedenen Ausführungsklassen zuweist. Auch wenn dieses Merkblatt nicht allgemein verbindlich ist, dient es dem Metallbauer und dem Planer als wertvolle Unterstützung bei der Zuweisung der Ausfürhungsklassen. Das Merkblatt kann auf der Metaltec-Suisse-Website heruntergeladen werden.

Gibt es innerhalb eines Bauwerkes unterschiedliche Ausführungsklassen (EXC) ? 

Es gibt vier Ausführungsklassen (EXC1 - EXC4), wobei die Anforderungen von EXC1 - EXC4 ansteigen.

Ausführungsklassen können für das gesamte Tragwerk, für einen Teil des Tragwerkes oder für spezielle Details gelten. Ein Tragwerk kann mehrere Ausführungsklassen enthalten. Die Zuweisung der Ausführungsklasse erfolgt in der Regel durch den Tragwerksplaner.

Eine Unternehmung ist nach ISO 9001 zertifiziert. Erfüllt diese Qualifizierung automatisch die Anforderungen an die Werkseigene Produktionskontrolle (WPK) gemäss Norm EN 1090 ?

Die ISO 9001 beschreibt den gesamten Geschäftsprozess eines Unternehmens. Sie erfüllt die Anforderungen, die an die Werkseigene Produktionskontrolle (WPK) gestellt wird. Umgekehrt betrachtet verlangt verlangt die EN 1090 nicht, das Bestehen einer ISO 9001 Zertifizierung. Eine einfachere Beschreibung des Geschäftsprozesses als die ISO 9001 verlangt, kann die Anforderungen der EN 1090 bereits erfüllen. 

Zusätzlich stellt die EN 1090 konkrete Anforderungen an den Schweissprozess, die zusätzlich erfüllt sein müssen (Je nach Ausführungsklasse umfasst dies: geprüfte Schweisser, qualifizierte Schweissanweisungen, das Bestehen einer Schweissaufsicht etc.). Betriebe, die sich bereits ISO 9001 zertifizieren liessen müssen daher prüfen, ob sie bereits sämtliche Anforderungen erfüllen. Falls nein, kann das bestehende ISO 9001 Handbuch entsprechend ergänzt werden.